Auch in Bamberg wird es immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum zu finden. Der Freistaat beabsichtigt zwar bis 2019 den Bau von 28.000 staatlich finanzierten Mietwohnungen zu fördern, aber im selben Zeitraum fallen auch rund 25.000 Wohnungen aus der Sozialbindung. Die Wohnraumprognosen sind alles andere als rosig. Wird es gelingen, in Bamberg wieder mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen? Welche Weichenstellungen sind notwendig? All diese Fragen standen im Mittelpunkt der Veranstaltung der GAL-Stadtratsfraktion in Bamberg.
Der Sozialwohnungsbau ist in den letzten Jahren nachgerade zum Erliegen gekommen. Und zwar aufgrund des Wohnungsmangels. Eine paradoxe Situation? Ja, auch das, aber ebenso eine logische Konsequenz, wie sich beim Diskussionsabend der GAL-Stadtratsfraktion herausstellte. Bericht Sowohl Günter Straub von der Baugenossenschaft Stadt und Landkreis Bamberg als auch Veit Bergmann von der Stadtbau GmbH vertraten den Standpunkt, dass es nicht wirtschaftlich sei, öffentliche Gelder für Sozialwohnungen abzurufen. Die damit verbundenen staatlichen Kredite stellen im Zinssatz einen Nachteil gegenüber der freien Kreditwirtschaft dar, was die Zuschüsse großteils wettmache. „Dafür hat man im freien Wohnungsbau keine Auflagen, keine Sozialbindung über Jahrzehnte, und ist sein eigener Herr – also spart man sich die Anträge“, so die Einschätzung von Bergmann. Wohnungsmangel gibt es zudem in Bamberg in nahezu allen Bereichen, nicht nur bei den Sozialwohnungen. „Egal, was gebaut wird, es findet Abnehmer“, lautet sinngemäß eine Beobachtung der Wohnraumprognose 2016 von Dr. Möller, die Ursula Sowa zitierte – die GAL-Stadträtin moderierte die Veranstaltung. Für Bauherren ist Sozialwohnungsbau schlichtweg nicht attraktiv und wird umgangen. Fazit: „Das Soziale bleibt auf der Strecke.“ Das bestätigten Simone Oswald von „Freund statt fremd“ und Wolfgang Budde von der A.R.G.E. (Arbeitsgemeinschaft der älteren Bürger Bambergs) aus eigener praxisnaher Erfahrung. „Für anerkannte Flüchtlinge kommen ausschließlich Mietwohnungen unter 6 Euro pro Quadratmeter in Frage, da sie nach dem Auszug aus der Gemeinschaftsunterkunft immer auf Transferleistungen angewiesen sind. Solche Wohnungen sind so gut wie nicht zu bekommen, zumal wir immer in Konkurrenz zu Nichtflüchtlingen stehen.“ Und die suchen eben genauso in diesem Mietsegment, so Budde: „In der Wohn-Initiative, die aus Familienbeirat, mehreren Gruppierungen und Sozialverbänden besteht, haben wir reihenweise Fallbeispiele, die eine zum Teil existenzielle Not der betroffenen Menschen belegen.“ Aus Sicht von Oswald und Budde sind deshalb die den Hartz IV-Empfänger*innen vom Staat gesetzten Mietobergrenzen (Kosten der Unterkunft = KdU) deutlich zu gering. Dass es Bauflächen in Bamberg gibt und die Stadt keineswegs „dicht“ ist, machte Ursula Sowa an konkreten Zahlen fest. Bis 2028 ist es laut dem Städtebaulichen Entwicklungskonzept SEK möglich, weitere 3654 Wohneinheite für rund 7000 Menschen zu bauen, auf Flächen, die bereits bauleitplanerisch gesichert sind. Kein Baugrund vorhanden – das kann also kein Grund für den erlahmenden Sozialwohnungsbau sein. Irritierend ist es aber, wie unterschiedlich öffentliche Fördermittel abgerufen werden – das stellte Jürgen Mistol dar, Landtagsabgeordneter und wohnungspolitischer Sprecher der Grünen-Fraktion. In Oberfranken wurde in den Jahren 2010 bis 2016 öffentliche Wohnraumförderung nur von der Stadt Coburg und mehreren Landkreisen abgerufen, sonst von keiner anderen kreisfreien Stadt. In Augsburg hingegen wird derzeit nur mit Sozialwohnungszuschüssen gebaut, auch Regensburg ruft sehr viel ab: 26 Mio allein im Jahr 2016. Laut Mistol werden in Bayern jedes Jahr 70.000 neue Wohnungen aller Art gebraucht. Davon will der Freistaat mit dem „Wohnungspakt“ 28.000 innerhalb der vier Jahre von 2016 bis 2019 fördern. „Das sind nur 10% des errechneten Bedarfs und damit viel zu wenig.“ Nach Bamberg ist bislang nichts von diesen Geldern geflossen – fraglich, ob sich daran etwas ändert. Günter Straub gab dabei offen zu, dass sein Aufsichtsrat die Vorgabe gemacht habe, für den Mittelstand zu bauen, d. h. explizit keine Sozialwohnungen - so werde das auch beim Projekt Mittelbachstraße (Gartenstadt) sein. Eine Ausnahme wollte die Baugenossenschaft in der Rotensteinstraße machen, wo sich das Unternehmen um das dortige städtische Grundstück beworben, den Zuschlag aber nicht bekommen habe. „Wir hatten den Plan für 32 barrierefreie Altenwohnungen, mit öffentlicher Förderung.“ Die Vergabe städtischer Grundstücke sahen auch die anderen Teilnehmenden auf dem Podium und im Publikum als Problem, wie Reinhard Zingler von der Joseph-Stiftung als Gast bekräftigte. „Wenn die Stadt ihre Grundstücksgeschäfte nur mit dem Prinzip Gewinnmaximierung betreibt, verhindert sie selbst Sozialwohnungsbau. Das hat die Bamberger Politik in den letzten Jahren leider nicht verstanden.“ Einen weiteren Hebel sahen die Männer aus der Wohnungsbranche bei weiteren Auflagen wie der Stellplatzanzahl oder bei den Grünflächen, die große Baukosten verursachen können. Die Bereitschaft zum Sozialwohnungsbau wäre ihrer Meinung nach größer, wenn man hier durch Lockerungen Geld sparen könnte. Ursula Sowa wollte dies bei den anstehenden Verhandlungen im Stadtrat um eine Sozialklausel einbringen – dabei geht es um eine feste Quote Sozialwohnungsanteil bei allen Neubaugebieten. Wolfgang Budde plädierte dafür, baldmöglichst einen „Wohngipfel-Gipfel“, bestehend ausschließlich aus Verwaltung und Wohnbauträgern“, einzuberufen. Der bereits stattgefundene „Wohngipfel“ im Jahr 2016 mit über 60 Leuten aus allen möglichen Bereichen habe vor allem Reden gebracht, aber keine Taten. „Da braucht es einen kleineren Kreis um umsetzbare Lösungen zu finden.“ Ein direkter Kontakt zum Rathaus konnte im Rahmen der GAL-Veranstaltung leider nicht zustande kommen - das hatte einen bedauerlichen Grund: Den eingeladenen Verwaltungsmitarbeiterinnen und -mitarbeiter wurde eine Teilnahme von Seiten des Oberbürgermeisters untersagt.